expACT: ein medienpädagogisches Coding und 3D Zeichenprogramm für Kinder – Die Weiterentwicklung der Software als Startschuss für das Tool expACT
Unsere heutige Welt ist geprägt von schnellen Veränderungen, Technologie beherrscht den Fortschritt und die Selbstverständlichkeit für Digitales zeigt sich vor allem bei den Generationen, die sich weder an Schreibmaschinen noch an die Zeit ohne E-Mail erinnern. Smart Phones, Apps, Chats, Videos, Motion Tracking, 3D-Drucker – doch wie funktioniert das eigentlich alles? Obwohl zukünftige Berufsbilder fast ausschließlich Kenntnisse digitaler Medien verlangen, kommen diese in den aktuellen Lehrplänen noch zu kurz. Während Kinder und Jugendliche schnell neue Medien begreifen, hilft das Lernen mit und über Medien digitale Anwendungen kritisch zu reflektieren und hinterfragen, sodass schließlich mit Medienkompetenz die Zukunft gestaltet werden kann.
Was ist expACT?
expACT ist ein interaktives medienpädagogisches Tool zur Vermittlung von Medienkompetenz. Das Tool ist eine Entwicklungsumgebung und 3D-Zeichenprogramm zugleich und wird von eigens konzipiertem Lehrmaterial begleitet. Durch Ganz-Körper Bewegungen können mit expACT 3D Objekte in einem virtuellen Raum gemalt werden.
Sehe hier im Video wie die Bedienung von expACT funktioniert und wie das Programm eingesetzt wird: expACT
Der Name expACT beschreibt die Symbiose von „experience“ (erfahren) und „act“ (handeln). Dabei beruft er sich auf das theoretische Konzept, dass die folgenden drei Säulen umfasst:
Coding und Hardware
Mit dem Tool expACT können Basics der Programmierung erlernt werden. Zum einen entsprechen alle Beschriftungen des Menüs echten Codebefehlen aus dem Programm Code. Zum anderen können Funktionen nicht nur durch Kopfdruck, sondern auch durch Programmierung der entsprechenden Befehle aktiviert werden. Die Software wird von Lehrmaterial, das eine theoretische Einführung in die Programmierung aber auch das Funktionieren des Projekts expACT lehrt, begleitet. So sind z.B. die Funktionsweise eines Bewegungssensors genauso wie Datentypen Inhalt der mit dem Programm expACT zu vermittelnden Konzepte. expACT möchte ein Grundverständnis für die Programmierung und das Zusammenspiel von Hardware und Software vermitteln.
Interaktion
Interagiert wird auf der einen Seite mit dem Computer, auf der anderen Seite auch mit den Teampartnern. Das Programm expACT wurde für die Bedienung von zwei oder mehr Nutzern konzipiert. Während heute technischen Entwicklungen das Ausführen von komplexen Aufgaben im Alleingang ermöglichen und das physisch-unabhängige Kommunizieren über soziale Medien unterstützen, entsteht bei expACT eine direkte Abhängigkeit zwischen den zwei Nutzern. Ein Nutzer bedient das Programm durch das Betätigen von Knöpfen im Menü oder durch die Programmierung von Codebefehlen. Der andere Nutzer bewegt sich von einer Kinect-Kamera und malt durch Körperbewegung in einem virtuellen Raum. Um ein gemeinsames visuelles Ergebnis zu erzielen, müssen die Teammitglieder miteinander kommunizieren und sich absprechen.
Wahrnehmung
Hat eine Abhängigkeit Vorteile? Wie ist es in einem Team zu arbeiten, wenn man auf einen Partner angewiesen ist. Wie fühlt es sich an, durch Ganzkörperbewegung in der Luft zu Malen und die Bewegungen als virtuelle Strichzeichnung gespiegelt zu bekommen? Welchen Eindruck löst das Eintauchen in die eigenen 3D Kunstwerke aus? Mit dem Leitbild, dass im Team mehr erreicht werden kann als jeder alleine, möchte expACT soziale Kompetenzen durch die Förderung von Teamarbeit stärken. Ein gemeinsames Ziel, der visuelle künstlerische Output, dient dabei als Motivation. expACT lässt Freiraum für künstlerische Kreativität, in dem verschiedene Eigenschaften wie Strichfarbe oder -stärke verändert werden können. Künstlerische Fähigkeiten sind dabei nicht gefragt, da der Fokus viel mehr auf dem persönlichen Ausdruck durch Bewegung in der Teamarbeit liegt. Die gezeichnete Abbildung im Programm Fenster ist ein dreidimensionales Objekt, das gedreht und in das hineingezoomt werden kann.
Planung und Umsetzung
Ziel des Kooperationsprojekts war die Weiterentwicklung des Tools expACT. Als Universitätsprojekt entstanden, galt es aus einer funktionierenden Alpha Version den nächsten Schritt zu einer stabilen Software vorzunehmen. Das theoretische Konzept sollte an Nutzern getestet werden. In einem iterativem Prozess wurden Ideen gesammelt, evaluiert, getestet und teilweise umgesetzt.
Um Feedback und Input von Spezialisten aus verschiedenen Branchen zu erlangen, wurde das Projekt auf verschiedenen Veranstaltungen ausgestellt. Hier wurde ebenfalls das Nutzerverhalten analysiert und Rückschlüsse auf Menü und Programmfunktionalitäten gezogen. Die größten Erkenntnisse und Fragen sind:
- Projekt adressiert eine stark eingegrenzte Zielgruppe. Wie kann man das Projekt für mehr Kinder und Jugendliche öffnen?
- Die magnetischen Lernkarten sind nicht ideal für den Einsatz an Schulen.
- Umgestaltung des Menüs – graues und eckiges Design spricht Kinder nicht an.
- Lernen Kinder ausschließlich durch theoretische Einführung und freies Malen im Programm?
- Ein Informationsmedium für die Erläuterung des Konzepts und die Verbreitung von Neuigkeiten wird gewünscht.
Adressierung einer größeren Zielgruppe
Aufgrund eingeschränkter Funktionalitäten beschränkte sich die Zielgruppe des Tools auf Kinder in der 5. und 6. Klasse mit wenig oder keinen Programmiervorkenntnissen. Um das Projekt breiter aufzustellen und für mehr Altersgruppen attraktiv zu machen, ist eine Ausweitung der bisherigen Programmier- und Zeichenfunktionen notwendig.
Weiterentwicklung des begleitenden Lehrmaterials
Die Lernkarten haben sich von 10 cm x 10 cm Magnetkarten zu DIN A5 Papierkarten entwickelt. Eine Analyse ähnlicher Tools hat ergeben, dass Kinder gerne mit Karten arbeiten, die sie neben den Computer legen können. Eine DIN A5 Karte bietet genug Raum um entweder als Input Karte mit Informationen oder Aufgaben Karte mit kleinen Problemen zu dienen.
Umgestaltung der Anzeige des Programms
Die Anzeige des Programms wurde überarbeitet. Die sehr technisch aussehende graue Oberfläche der Alpha Version bekam grün und blaue Farbe. Um einen stärkeren kindlicheren Look herbeizuführen, wurden alle Ecken (z.B. quadratische Knöpfe) abgerundet.
Entwicklung von Mal-Aufgaben im Tool
Für die einführende Phase des Programms wurden kleine Aufgaben entwickelt. Diese dienen hauptsächlich dazu das Programm kennen zu lernen und die Funktionen auszuprobieren. So soll die malende Person ein Gefühl für das Tracking bekommen, die programmierende Person ein Verständnis über grundlegende Codebefehle entwickeln und die Partner die Funktionalitäten des anderen Teammitglieds sowie deren Abhängigkeiten kennen lernen.
Entwicklung eines leicht zu updatenden Informationsmediums
Um die Projektentwicklungen zu dokumentieren und Interessenten ein aktuelles Informationsmedium bieten zu können, wurde eine Internetseite gestaltet (expACT.org). Diese ermöglicht es, verschiedene Interessengruppen – Schulen, Kinder, Partner – gleichzeitig zu adressieren und transparent über vergangene und zukünftige Ausstellungen oder Neuigkeiten zu berichten.
Fazit
Neben der Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen, möchte das Projekt expACT durch Teamarbeit kollaborative soziale Fähigkeiten festigen. In den nächsten Wochen werden die gesammelten, evaluierten und erfolgreich getesteten neuen Funktionalitäten in das Programm implementiert werden, sodass expACT Tool für eine breite Zielgruppe werden kann. Zudem werden weiterführende Fragen der Abhängigkeit, Lernen im Team und beidseitiges Nutzerfeedback im Fokus der nächsten Nutzeranalysen sein. Das Projekt möchte Aufmerksamkeit auf die vielen Möglichkeiten neuer technischer Medien, Menschen neben virtuellen Welten auch in physischen Welten zu verbinden, lenken.