Kinderrechte ins Grundgesetz – Kinder beteiligen sich

Projektzusammenfassung und Projektziele

Kinder haben ein Recht auf Mitbestimmung – dieses Recht haben die beteiligten Kinder und Jugendlichen des konduktiven Förderzentrum Phönix im Rahmen des Projekts „Kinderrechte ins Grundgesetzt – Kinder beteiligen sich“ wahrnehmen können.

Fünf Jugendliche kamen als „Jugendredaktion“ insgesamt 8 mal zusammen um,

  • sich über die Rechte von Kindern und Jugendlichen und über die Aufgabe von Politikern, die sich für Kinderrechte einsetzen, auszutauschen. Zentrales Thema während des ganzen Projekts war die besondere Situation von behinderten Kindern und Jugendlichen und ihr Recht, gleichbehandelt, ernst genommen und beachtet zu werden.
  • Ideen für Beteiligungsformen zu finden, planen und umzusetzen. Dabei ist ziemlich schnell die Idee einer „Videobotschaft“ entstanden.
  • einen Aktionsvormittag, bei dem sich alle anderen Klassen der Phönix-Schule beteiligen können, zu gestalten. Hier konnten sich ca. 50 weitere Kinder und Jugendlichen an einer Malaktion und/oder an den Interviewaufnahmen für die Videobotschaft beteiligen.
  • die Veranstaltung „Kinderrechte in die Verfassung“ am 21.10.2015 im Bayerischen Landtag hautnah mitzuerleben. Hier wurde die Videobotschaft der Kinder und Jugendlichen gezeigt und eine der Jugendlichen hat mit Frau Barbara Stamm, der Präsidentin vom Bayerischen Landtag, ein Interview geführt.
  • das Projekt und die Eindrücke auf der Veranstaltung in einem kleinen Blog zu dokumentieren.
  • um zu erleben, dass sie etwas bewirken können, sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzen können und diese auch einfordern können.
  • um zu lernen, wie man auf einfache Weise selbst Video erstellen kann.

Beschreibung des Projektverlaufs

1. bis 3. Treffen am 21.9., 28.9. und 7.10.2015:

SAM_3719In den ersten Vorbereitungstreffen haben wir mit den Jugendlichen über Kinderrechte gesprochen. Welche Kinderrechte gibt es eigentlich? Wo werden Kinderrechte nicht eingehalten? Was ist das Grundgesetz und warum sind hier die Kinderrechte eigentlich nicht enthalten? Die Jugendlichen haben über die aktuelle Flüchtlingssituation und über die besondere Situation von Menschen mit Behinderungen gesprochen. Dabei haben die Jugendlichen auch viel von ihrer persönlichen Situation berichtet und es kamen sehr intensive und persönliche Gespräche zu Stande.

Ein weiterer Schwerpunkt der Vorbereitungstreffen lag darin, Beteiligungsformen für die Veranstaltung „Kinderrechte in die Verfassung“ zu finden und umzusetzen. Schon beim ersten Treffen kamen die Jugendlichen auf die Idee einer Videobotschaft „allà Frauentausch“, in der sie die Politiker persönlich ansprechen wollten.

IMG_3577Der Aktionsvormittag an der Schule sollte Gelegenheit dafür bieten, dass sich noch mehr Kinder und Jugendliche der Phönix-Schule beteiligen können. Neben der Beteiligung an der Videobotschaft sollten die Kinder auch die Möglichkeit haben, ihre Gedanken zum Thema „Kinderrechte“ malerisch auf Papier zu bringen. Wir haben überlegt, welche Materialien vorzubereiten sind (Plakat vorbereiten, Technik), welche Interviewfragen gestellt werden sollten, wer was macht und wie das Redaktionsteams das Projekt in den einzelnen Klassen vorstellen sollte. Am 3. Vorbereitungstreffen haben die Jugendlichen auf ihre eigenen Fragen geantwortet und so sind die ersten Videos für die Videobotschaft entstanden.

4. Treffen am 14.10.2015: Aktionsvormittag für 5 weitere Klassen der Phönix-Schule

SDC12443In der ersten Schulstunde hat sich die Jugendredaktion getroffen um nochmals den Ablauf und die Aufgabenverteilung zu besprechen. Während der 2. und 6. Schulstunde sind die Jugendlichen dann in jeder Schulstunde in eine andere Klasse, um das Projekt vorzustellen. Im Klassenzimmer konnten sich die Kinder an der Malaktion beteiligen. Wer sich an der Videobotschaft beteiligen wollte, ging in den Computerraum. Insgesamt haben sich am Aktionsvormittag 5 Klassen mit ca. 50 Kinder und Jugendliche an dem Projekt beteiligen können.

Den Aktionsvormittag hat eine Schülerin „Kinderrechte-Kommission“ begleitet. Sie bereitete mit anderen Jugendlichen unabhängig von diesem Projekt weitere Beteiligungsformen auf der Veranstaltung vor (z. B. die Moderation für die verschiedenen Veranstaltungspunkte sowie ein Interview mit der Landtagspräsidentin Frau Barbara Stamm). Im Laufe des Vormittags war die Schülerin so beeindruckt von den Jugendlichen der Phönix-Schule, dass sie eine Schülerin motiviert hat, beim Interview mitzuwirken, um auf die besondere Situation von Rollstuhlfahren in München aufmerksam zu machen.

Die Zusammenstellung der Videobeiträge haben wir in Absprache mit den Jugendlichen selbst durchgeführt, da die Veranstaltung bereits eine Woche nach dem Aktionsvormittag anstand. Den Umgang mit dem kostenlosen Programm „Windows Movie Maker“ anhand der eigenen Interview-Dateien haben die Jugendlichen jedoch noch am Ende des Projekts kennengelernt.

5. Treffen am 21.10.2015: „Kinderrechte in guter Verfassung“ im Bayerischen Landtag

PRP_0248Am Veranstaltungstag haben wir die Schüler in der Schule abgeholt und wir sind gemeinsam mit ihrem Bus zum Bayerischen Landtag gefahren. Pädagogisches Personal der Phönix-Schule sowie die Familien von drei Jugendlichen sind ebenfalls zur Veranstaltung gekommen.

Sehen Sie hier das Programm der Veranstaltung.

Lesen Sie hier den Bericht zur Veranstaltung vom Bayerischen Landtag.

PRP_0354Für die Jugendlichen war es beeindruckend, mal an einer solchen Veranstaltung dabei sein zu können und zu erleben, wie sowas abläuft und worüber gesprochen wird. Die Videobotschaft hat im Raum eine besondere Wirkung hinterlassen. Die Jugendlichen waren sehr stolz auf sich. Besonderes Highlight für die Jugendlichen war das Interview einer Schülerin mit der Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Insgesamt hätten sich die Schüler aber gewünscht, dass auch auf der Podiums-Diskussion Kinder oder Jugendliche beteiligt seien und sie sind sich unsicher, ob die Politiker auch das umsetzen, was sie versprechen. > Lesen Sie hier den Eindruck der Jugendlichen zur Veranstaltung in ihrem Blog-Artikel.

6. und 7. Treffen am 27.10. und 9.11.2015:

20151007_131333In den Nachbereitungstreffen haben wir über die Veranstaltung gesprochen und intensiv das Projekt reflektiert. Die Eindrücke zur Veranstaltung haben die Jugendlichen in gemeinschaftlicher Arbeit in ihrem Blog dokumentiert.

In der Projektreflexion sprachen die Jugendlichen davon, dass es für sie ein tolles Projekt war, bei dem sich die Schüler auch untereinander durch intensive Gespräche näher gekommen sind. Sie haben die annehmende Projekt-Atmosphäre, das produktive Schaffen und das Erleben sinnvollen Tuns und des „Ernst-genommen-werdens“ besonders hervorgehoben.

8. Treffen am 26.2.2015: Arbeiten mit MovieMaker

Da beim 7. Treffen die Installation von MovieMaker auf den Computern nicht ohne weiteres möglich war, haben wir mit den Schülern im neuen Jahr ein weiteres Treffen vereinbart.

Bei dem zusätzlichen Treffen haben die Jugendlichen anhand der eigenen Videodateien sowie anhand der tollen Kinderrechte-Videos von „Onkel Gernot“ (Beispiel siehe hier https://www.youtube.com/watch?v=tqPCLU3TIsY ) lustige und ernsthafte Videozusammenschnitte erstellt.

 

Beteiligte

SAM_3715Die Jugendredaktion bestand aus 5 Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahre – 3 Mädchen und 2 Jungs. Alle Jugendlichen hatten verschiedene Arten und Grade von Behinderungen. 3 Jugendliche sind an den Rollstuhl gebunden, 1 Jugendlicher kommuniziert zusätzlich mittels eines Talkers. Das Thema Behinderung, die Wahrnehmung von behinderten Menschen in der Öffentlichkeit sowie die persönlichen Einschränkungen durch mangelhafte behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Raums war ein zentrales Thema für die Jugendlichen.

Besondere Anleitung benötigte das Projekt nicht. Mit viel Zeit, Geduld, Annahme und gegenseitiger Rücksichtnahme sind alle Arbeitsschritte und Gespräche genauso umsetzbar wie mit anderen Zielgruppen.

IMG_3644Am Aktionsvormittag haben ca. 50 Kinder mitgewirkt. Viel Freude hat den beteiligten Kindern das Malen gemacht. Bei der Videobotschaft wollten am Aktionsvormittag viele Kinder mitmachen. Kommunikative Einschränkungen haben dies aber nicht selten erschwert. Zum Beispiel können manche Kinder nicht sprechen und auch die Bedienung eines Talkers war nicht möglich. Hier war es für die jugendliche Interviewerin selbst nicht immer einfach, geeignete und zudem kindgerechte „Ja-Nein“-Fragen zu finden, auf die die Kinder angemessen reagieren können.

Bedarf an Raum, Zeit und Technik:

  • Raum und Zeit: Computerraum der Phönix-Schule für Zusammenkünfte des Redaktionsteams (6 x 4 Schulstd.); Klassenzimmer und Computerraum für Aktionsvormittag (8 Schulstd.); Saal im Bayerischen Landtag für Veranstaltung „Kinderrechte in guter Verfassung“ (17:30 Uhr bis 20:30 Uhr)
  • Technik: Kamera und Mikrofon für Videoaufnahmen; Windows Movie Maker für Filmbearbeitung; Google „Blogger“ für Blog

 

Produkte und Veröffentlichung

IMG_3646Die Video-Botschaft der Jugendlichen wurde im Rahmen der Veranstaltung „Kinderrechte in guter Verfassung“ im Bayerischen Landtag am 21.10.2015 gezeigt und hat dort die anwesenden Teilnehmer (über 200) aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Bildung erreicht. Das Video wurde auch im Rahmen der wöchentlichen Zusammenkunft aller Phönix-Schüler und Lehrer gezeigt. Im Internet wird das Video jedoch nicht veröffentlicht.

Außerdem entstanden ein Malbanner, ein „Kinderrechte-ABC-Plakat“ und eine Foto-Collage. Diese Produkte wurden im Eingangsbereich des Veranstaltungsraums aufgehängt.

Die Jugendlichen haben am Ende des Projekts mit Windows MovieMaker schließlich selbst einen Film zum Thema Kinderrechte erstellt, welche nicht veröffentlicht werden.

Kritische Einschätzung

Gute Kooperation

Besonders hervorheben möchten wir zunächst die außerordentlich gute Kooperation mit dem kooperativen Förderzentrum Phönix GmbH. Hierbei möchten wir uns insbesondere bei Frau Leipolz, Ansprechpartnerin im Projekt und Klassenleitung der teilnehmenden Schüler, bedanken. Die Organisation des Projektes im Vorfeld verlief unkompliziert und reibungslos. Die Schüler haben sich freiwillig für das Projekt-Kinderrechteteam gemeldet und konnten für das Projekt im laufenden Schulbetrieb für viele Stunden freigestellt werden. Auch die Teilnahme an der Veranstaltung, sowie die Teilnahme am Gautinger Internettreffen am 16.3.2016 wurde von Frau Leipolz von Anfang an unterstützt und organisiert (Bereitstellung eines Busses, Kommunikation mit Eltern, eigene Begleitung). Danke!

Beteiligung ohne Überforderung

Die Aufgabe für die Jugendlichen bestand ja darin, die Veranstaltung des Bayerischen Landtags aus ihrer Sicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu gestalten. Unsere Aufgabe bestand darin, größtmögliche Beteiligung zu ermöglichen, keine Ideen vorzugeben und zu erkennen, ab wann es genug ist. Nach den Ideen der Videobotschaft und des Malbanners sowie in Anbetracht der Tatsache, dass die Jugendlichen vor allem Zeit brauchen, um sich entfalten zu können, haben wir beschlossen, es bei diesen beiden Aktionen zu belassen. So haben wir früh mit den Organisatoren der Veranstaltung kommuniziert, dass unsere Kinder einen Programmpunkt ausgestalten werden. Weitere Beteiligungsformen von Kindern und Jugendlichen auf der Veranstaltung (z.B. jugendliche Moderatoren und Sänger) sind dann über andere Kanäle umgesetzt worden.

Stärken entwickeln

Jeder Jugendliche ist während des Projekts über sich hinausgewachsen. Jede und jeder einzelne hat seine Stärken gezeigt und gelebt. Eine Schülerin hatte von Anfang eine Leidenschaft dafür, sich für die Kinderrechte einzusetzen. Ihr Herz hing an der Videobotschaft, sie hat voller Motivation die Interviews mit den Schülern umgesetzt und sie hat die Interviews auch als Forum für die eigenen großartigen Gedanken genutzt. Ein anderes Mädchen hat lieber geschrieben und sich zusammen mit dem technisch interessierten um den Blog gekümmert. Wieder ein anderes Mädchen hat den Überblick über die Bedürfnisse aller Schüler gehabt, bei ihr sind die Fäden zusammengelaufen und sie hat sich um alle organisatorischen Dinge gekümmert. Ein Junge bereicherte das Projekt und die Gruppe mit seiner optimistischen Weltsicht. Und wieder ein anderer Junge hat immer gute Laune verbreitet, obwohl er nicht sprechen kann und die Leidenschaft entdeckt, mit eigenen Videos Freunde und Familie zu erfreuen.

Inklusion leben

Nicht nur die Jugendlichen haben etwas dazu gelernt. Das Projekt hat uns, Marike Schlattmann und Manuela Beckmann, mindestens genauso viel Freude und unglaublicher Momente beschert. Wir möchten uns dafür bedanken, dass uns die 5 Jugendlichen und die anderen beteiligten Kinder in ihre Gedankenwelt hineingelassen haben. Wir haben viel gelernt darüber, was es für die Kinder und Jugendlichen bedeutet, den Alltag im Rollstuhl zu meistern. Wir haben gelernt, welch wichtige Rolle behindertengerechte Bürgersteige, Aufzüge und Busrampen im Leben spielen können. Wir haben von ihnen erfahren, dass die Kinder und Jugendlichen oft zu Unrecht unterschätzt werden und sie sich nichts sehnlicher wünschen, als ernst genommen zu werden, selbständig zu sein und am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können – ob das nun Autoscooterfahren, Schwimmen, Einkaufen, Arbeiten, Wohnen oder U-Bahnfahren ist. Wir haben gelernt, dass die Behinderungen keinen Grund darstellen, Optimismus, Freude und Dankbarkeit dem eigenen Leben gegenüber zu verlieren – im Gegenteil. Wir haben gelernt, dass die gesellschaftlichen Schnittpunkte von Menschen mit und ohne Behinderungen leider viel zu selten gegeben sind und dass man dies unbedingt ändern muss.