Medienprojekt Schlehdorf
Schuften, anpacken und sich selbst versorgen – und das soll Spaß machen?
Münchner Schüler/innen der Monte Balan dokumentieren und reflektieren medial ihre Erfahrungen über ihren lebenspraktischen Unterricht auf einem Aktivhof in Schlehdorf am Kochelsee. Die Integrative Montessori Schule an der Balanstraße – Monte Balan – hat das Konzept des Erdkinderplans nach Maria Montessori mit den Aktivhof Schlehdorf umgesetzt und steht in enger Zusammenarbeit mit den Menschen, die auf dem Hof leben und arbeiten. Der Erdkinderplan betont vor allem die Bedeutung der aktiven Arbeit in der Natur für die allgemeine und soziale Entwicklung. Für Jugendliche sind das wichtige Erfahrungen, die gerade in der Pubertät notwendig sind, wenn ihnen kognitives Lernen so manches Mal besonders schwer fällt.
Auf dem Aktivhof werden die Jugendlichen in die Gemeinschaft eingebunden und arbeiten dort aktiv mit. In zwei Schuljahren in der 7. und 8. Klasse, verbringen die Schüler/innen jeweils neunmal eine ganze Woche auf dem Aktivhof. Anstatt Mathe, Deutsch oder Englisch zu lernen, arbeiten sie mit ihren Händen und müssen trotzdem ganz schön viel rechnen beim Schreinern und Kochen. Raus aus der Stadt und mitten auf dem Land, bauen sie Betten für die Herberge, versorgen die Tiere, kümmern sich um die Gemüsebeete und kochen für die ganze Gruppe. Dieses tatkräftige Miteinander wurde gefilmt, fotografiert und beschrieben, um es anderen Schülern und Eltern an der Monte Balan zu zeigen. Durch die Website soll weiterhin ein Austausch auch mit anderen Schulen angeregt werden.
Während des Aufenthalts auf dem Aktivhof sind Medien wie „Handy & Co. generell nicht erwünscht, denn die Jugendlichen sollen sich auf ihre Aufgaben konzentrieren. Für viele Schüler/innen ist so ein ganzer Tag ohne Handy und Computer eine große Herausforderung. Für manche war dann das Filmen, Fotografieren und Interviews führen, eine willkommene Möglichkeit, Medien zu nutzen. Doch sehr bald stellte sich heraus, wer tatsächlich an der Medienarbeit Interesse hat und bei dem Projekt aktiv mitmachen will.
Einstieg mit der Produktion von kurzen Handyclips
Zu Beginn des Projekts gab es bei beiden Lerngruppen (Klasse 7. und 8.), die sich Achat und Legosteine nennen, einen ganzen Vormittag in der Schule eine Einführung zum aktiven Umgang mit Medien. Dabei standen auch die Themen Urheberrecht, Persönlichkeitsschutz, das Recht am eigenen Bild und die Verwendung von Musiken in Videos im Focus. In kleinen Gruppen konnten die Schüler/innen mit ihren Handys kurze Videoclips produzieren und erste Erfahrungen mit Bildgestaltung, Dramaturgie und Filmschnitt machen. Es entstanden sehr unterschiedliche künstlerische Videoclips, vom Trickfilm bis zu einzelnen kurzen Spielhandlungen.
Die Handynutzung ist an Schulen generell nicht erlaubt. Auch in der Monte Balan müssen die Schüler/innen ihre Mobiltelefone während der ganzen Schulzeit ausschalten. Wer sich nicht daran hält und erwischt wird, muss sein Telefon abgeben. Für die Schüler/innen war die Produktion von kurzen VideoClips mit ihren Handys umso spannender, denn endlich durften sie auch ihr Mobiltelefon in der Schule einsetzen. Diese Ausnahmen gab es während des Projekts immer wieder, und teilweise wurden sie auch ausgenutzt. Darauf mussten wir immer wieder achten, denn das Medienprojekt sollte schließlich im Schulalltag integriert sein und nicht von der Schule ablenken. Hier war eine Absprache mit den Pädagogen/innen sehr hilfreich, um zu entscheiden, wer sich verantwortungsbewusst bei den medialen Aktionen beteiligen konnte.
Das Recht am eigenen Bild war eine sehr lange Diskussion mit den Schüler/innen. Einerseits sind viele in sozialen Netzwerken aktiv und stellen eigene Bilder von sich ins Netz, doch andererseits wollten sie bei dem Medienprojekt dann doch nicht auf den Bildern erkennbar sein. Hier war vorab sehr viel Überzeugungsarbeit und Motivation notwendig.
Wer und was darf ins Netz?
Auch einige Eltern waren anfangs überhaupt nicht begeistert davon, dass Bilder ihres Sohnes oder ihrer Tochter im Netz zu sehen sein würden. Der Datenschutz war zu Beginn des Projekts groß in den Schlagzeilen und voller Sorge wollten ein paar Eltern das Projekt anfangs nicht unterstützen. Für die Teilnahme am Medienprojekt sollten Eltern und Schüler/innen eine Einverständniserklärung unterschreiben, die sehr detailliert die Persönlichkeitsrechte beschreibt. Erst bei einem Elternabend im November, bei dem die ersten Filme präsentiert wurden, gab es großen Beifall und Zuspruch, das Projekt weiter zu führen. Nun konnten sich die Eltern tatsächlich ein Bild davon machen, wie es in Schlehdorf aussieht und was dort annähernd stattfindet. Die ersten beiden Videofilme geben einen guten Einblick und zeigen auch den Spaß unter den Jugendlichen. Trotzdem gab es weiterhin die Einschränkung, die Videos und Bilder nicht in soziale Netzwerke oder auf youtube zu veröffentlichen.
Um einen Austausch zwischen den Schüler/innen, die gerade auf dem Hof arbeiten und den anderen, die in der Schule sind, anzuregen, gab es den Versuch zu einem verabredeten Zeitpunkt zu skypen. Wir wollten das Gespräch dann aufzeichnen, um es auf die Website zu stellen. Leider blockierte der Schulserver den Skype-Zugang, wie sich leider erst nach zwei Versuchen herausstellte. So war es wieder notwendig eine Alternative zu suchen. Die Grenzen der zur Verfügung stehenden Technik forderten insgesamt immer wieder ein flexibles und kreatives Handeln. Ein beliebtes Kommunikationsmittel unter Jugendlichen ist whatsApp, kostenlose Kurznachrichten-App, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht von facebook übernommen wurde. Fast jeder Schüler hat diese App auf seinem Mobiltelefon. Als Alternative zum Skypen richteten wir deshalb eine whatsApp Gruppe ein und starteten für jede Lerngruppe nochmal einen Austausch mit den Schüler/innen vor Ort und an der Schule. Sie hatten 20 Minuten Zeit sich aus zu tauschen, Bilder zu verschicken und zu kommentieren. Spannend daran war, wie unterschiedlich die Erfahrungen der Schüler/innen sind und über was sie sich letztlich unterhielten. Einigen war auch nicht ganz klar, wer die Nachrichten tatsächlich alles lesen kann.
Das ehrgeizige Ziel, möglichst viele Schüler/innen bei dem Projekt einzubinden, hat sich im nach hinein als sehr hemmend herausgestellt. Dazu kam der begrenzte Zeitrahmen in der das Projekt stattfinden konnte. Nach der Schule war es sehr schwierig, die Schüler/innen zum Mitmachen zu motivieren. Der Schulalltag und die Zeit in Schlehdorf sind sehr ausgefüllt mit ganz unterschiedlichen Tätigkeiten, so dass Filmen und Fotografieren leichter möglich waren, doch die Zeit für den Filmschnitt, die Formulierung der Texte und dafür, die Website bzw. den Blogg zu bestücken, daran arbeiten wir weiterhin und über das Projekt hinaus.
Erste Ergebnisse zeigen: Die Arbeit auf dem Aktivhof setzt einen Entwicklungsprozess bei den Schüler/innen in Gang. So wird anfänglich erst einmal einiges über die Zeit in Schlehdorf gejammert, doch mit etwas Abstand äußern sich die meisten Jugendlichen sehr positiv über ihre Erfahrungen der Schlehdorf-Zeit. Und die mediale Auseinandersetzung unterstützt diesen Prozess in jedem Fall.
Deshalb heißt es dann doch: Schuften, anpacken und sich selbst versorgen ist zwar anstrengend, aber es macht uns Spaß!
Blog:
http://montebalanschlehdorf.wordpress.com