SPIEL MIT – real und digital! Ein Ferienkurs von und mit freiwilligen Jugendlichen
11 Jugendliche übernahmen die Verantwortung für einen selbst konzipierten und betreuten Ferienkurs rund um das Thema Neue Medien für Kinder von 6-10 Jahren. Unter Anleitung entwickelten sie an drei Teamtreffen in einem dynamischen und offenen Gruppenprozess ein medienkulturelles Konzept für die „Kleinen“. Ziel war es, mobile Geräte, Hard- und Software aus ihrer eigenen Alltagswelt in ungewöhnlichen Kontexten zum Einsatz kommen sowie eine Interaktion der realen und digitalen Welt stattfinden zu lassen.
SPIEL MIT – der Ferienkurs
In den Herbstferien öffnete das MKJZ – das Multikulturelle Jugendzentrum im Westend – seine Pforten für den Ferienkurs SPIEL MIT – real und digital! der PA/SPIELkultur e.V. Dort traf sich an vier Tagen eine bunt gemischte Gruppe aus 11 Jugendlichen (10-15 Jahre), 11 Kurskindern (6-11 Jahre) und zwei erwachsenen Betreuern zum Spielen, Gestalten, Rätseln, technischen Tüfteln und und und.
Ein Schwerpunkt lag auf dem Makey Makey, einem Mikrocontroller, der sich an PC und Laptop anschließen lässt und die herkömmliche Tastatur ersetzt. Über verschiedene Kabelverbindungen kann darüber allerlei leitfähiges Material an den PC angeschlossen und die Anwendungen beispielsweise über Obst, Knete oder Alufelder gesteuert werden. Ein selbst von den Jugendlichen in Blender programmiertes Labyrinth-Spiel lud die Kinder sofort zum Experimentieren ein: Mit den Füßen steuern, alleine oder im Team, eigene Felder an der Wand kreieren oder mit Alubällen abwerfen machte allen viel Spass und forderte die Koordinationsfähigkeit des ganzen Körpers sowie der Gruppe im Gesammten! Großes Highlight war auch die Makey Makey Instrumentenwerkstatt, in der die KursteilnehmerInnen Klaviere, Trommeln und Gitarren aus Pappe, Alu und Drähten bauten und diese über den Controller mit virtuellen Keyboards oder selbst im Tonstudio eingespielten analogen Geräuschen zum Klingen brachten. Getreu dem Motto „real und digital“ wurden diese mit echten Instrumenten – ebenfalls im Eigenbau entstanden – kombiniert. Schön war hier die abwechslungsreiche Produktion, die von der technisch-elektronischen Seite der digitalen Instrumente bis zum lautstarken Hämmern, Sägen und Nageln von Panflöte, Schellenstab und Co. reichte.
Wichtig war es uns, im SPIEL MIT Ferienkurs auf eine gute Mischung zwischen Mediennutzung, Bewegungsangeboten, freiem Spiel und künstlerisch-gestalterischem Angebot zu achten. In der Digitalen Schnitzeljagd und selbst kreierten Bilderrätseln kamen z.B. die Tablets und eigenen Smartphones der Jugendlichen in Bewegung und Kontakt mit ihrer Umgebung. Sehr beliebt bei den Jüngeren war das künstlerische Gestalten mit den Händen, das sich zu einem zweiten Schwerpunkt des Ferienkurses herauskristallisierte. In der Handynähwerkstatt fertigten die TeilnehmerInnen individuelle Handyhüllen mit der Nähmaschine an, die sie mit geknüpften Loombändern verzierten. Mousepads wurden aus Moosgummi – in abenteuerlichen Formen als Monster oder Katze – designed und mit Spraydosen kunterbunt gestaltet. Viel Spass machte es auch, virtuelle Welten im Realen auferstehen zu lassen. Unvergesslich bleibt allen TeilnehmerInnen sicherlich der Angriff der „Luftballon Angry Birds“ auf die aus Bauklötzen errichtete „Minecraft-Stadt“. Selbst in den Bewegungsspielen schimmerte das Medienthema immer wieder durch. So gab es beispielsweise im alt bekannten „Feuer, Wasser, Luft“ neben den drei Elementen auch das allseits beliebte Kommando „Selfie!“.
Wie wars?
Beim SPIEL MIT Projekt hatten wir es uns zum Ziel gesetzt, einen herkömmlichen Lehrer-Schüler Weg zu verlassen und die Jugendlichen selbst zu Mitgestaltern medialer Vermittlungskonzepte zu machen. Schwierig war es jedoch, die Jugendlichen anfangs dazu zu animieren, ihre gewohnten Geräte und Anwendungen in neuen, aktiven Kontexten zu verwenden. Dabei zeigte sich, dass die junge Generation häufig zwar durchaus „digital nativ“ im Netz konsumiert (Youtube ganz klar an 1. Stelle, dicht gefolgt von den diversen Onlinespielen), jedoch in der eigenen Konzeption medial umsetzbarer Ideen ihre Anlaufschwierigkeiten hat, zumal diese ja auch noch jüngeren Kindern gerecht sein mussten. Die Lösung ihnen als Basis zum Tüfteln das Makey Makey an die Hand zu geben, erwies sich als sehr konstruktiv. Das spielerisch-technische Experimentieren mit den unterschiedlichsten leitfähigen Materialien weckte den Forschertrieb der Jugendlichen. So kamen beinahe von selbst allerlei Ideen zu kreativen Spielen. In Blender wurde eine eigene Spielwelt programmiert, schnell kam auch der Gedanke auf, das Makey Makey zum Musikkomponieren zu verwenden. War der Damm einmal gebrochen, taten sich die Volunteers nun auch leichter, weitere mediale Anwendungen in spannende Spiel- und Gestaltungsformen zu transformieren, die durchweg den Spagat zwischen der realen und digitalen Welt schafften.
Schön war es, dass die Jugendlichen von Anfang an maßgeblich in die inhaltliche Entwicklung des Kursangebotes involviert waren. Sie brachten ihre eigenen Neigungen und Vorschläge zur Sprache, in gemeinsamen Workshops wurden die Ideen erprobt und konstruktiv diskutiert. So fand gleichzeitig eine Vermittlung eigener Lebenswirklichkeiten und ein Kennenlernen neuer medienkultureller Ausdrucksformen statt. Der Fokus lag dabei darauf, Entscheidungsprozesse in der Gruppe mitzugestalten – interaktiv, dynamisch und demokratisch – und das gemeinsam Entwickelte gegenüber den Kurskindern zu vertreten und zu vermitteln: Gerade für die jüngeren unter den Volunteers auf jeden Fall eine Herausforderung, die den ein oder anderen aber immer wieder über sich selbst hinauswachsen ließ!
Beide Teilnehmergruppen, die „Großen“ und die „Kleinen“, profitierten immens von der altersgemischen Zusammensetzung des SPIEL MIT Kurses. Die Älteren lernten in der offenen Struktur des Kurses Verantwortung zu übernehmen – für das Gelingen des kulturellen und spielerischen Tagesangebots, das Mittagessen und auch das Wohlfühlen aller in der Gruppe – und genossen ihre Rolle als Gestalter und Ansager. Die Jüngeren fühlten sich mit ihren „großen Geschwistern“ in der „Gruppenfamilie“ stets sehr wohl und ließen sich von den Jugendlichen inspirieren und animieren, sich auch auf kompliziertere mediale Zusammenhänge einzulassen.
Die sich im Zuge des Spiel MIT Medienkurses neu formierte Volunteersgruppe trifft sich auch im Jahr 2015 regelmäßig einmal im Monat. Die Jugendlichen sind im gemeinsamen Tüfteln, Spielen und Entwickeln gut zusammengewachsen und haben Lust auf weitere Projekte als Gruppe, die sicherlich bald stattfinden werden!