Inklusion | Teilhabe | Integration – Ein partizipativer Filmworkshop für junge Geflüchtete
>> Projektziele:
Der medienpädagogische Filmworkshop für junge Geflüchtete förderte einen selbstbewussten und kritischen Umgang mit den Medien und dadurch ein medienkompetentes Verhalten der jungen Leute. Er bot ihnen die Möglichkeit, eigene Ausdrucksweisen zu finden, die individuell erlebte Realität zu reflektieren und in einen größeren Kontext einzubetten. Der inhaltliche Fokus lag auf der Auseinandersetzung mit dem Thema Inklusion | Teilhabe | Integration mit Bezug auf die eigene Lebenswirklichkeit.
Den formalen Fokus bot das Medium Film. Es wurden Zugänge zu Medientechnik und einem differenzierten Bildungsangebot geschaffen: wie mache ich einen eigenen Kurzfilm? Wie erstelle ich ein Konzept? Wie funktioniert die Kamera? Wie erstelle ich einen Interviewleitfaden? Was passiert im Schnitt? Was gilt es beim alles Dreh zu beachten? Das Projekt brachte Menschen verschiedener Herkunft und Bildungshintergründe zusammen, half dabei, Barrieren abzubauen und leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Förderung von Toleranz und Akzeptanz, sprachlichem Ausdruck, Kreativität und Medienkompetenz.
>> Beschreibung des Projektverlaufs:
Kreativität, Ausdrucks- und Abstraktionsvermögen und die Reflexion sozialer Verhältnisse wurden zunächst in praktischen Übungen und schließlich in der Konzeption und Umsetzung eines eigenen Films gefördert. Nach detaillierter Einweisung in Filmsprache und Technik an einem Intensiv-Workshop-Wochenende (27.-28.06.2015), realisieren die Teilnehmer ihre Filme innerhalb von zwei Wochen im aktiven kreativen Umgang mit semi-professionellem Kameraequipment und ihren eigenen Handys. Jedem Team standen maximal zwei halbe Drehtage für die Umsetzung eines eigenen Kurzfilms zur Verfügung.
Entstanden sind zwei Kurzfilme, die auf dem Youtube Kanal Docu Workshop veröffentlicht wurden:
* München ist bunt – Fünf Perspektiven (10 Minuten | Dokumentation)
* Ankunft München Hauptbahnhof – Zwei Wege (6 Minuten | Dokufiktion)
Auch ein dritter Film wurde teilweise gedreht, das Material konnte aber leider nicht verwendet werden, da der Protagonist ein minderjähriger Syrer ist, der von seinem gesetzlichen Vormund nicht die Erlaubnis bekommen hat, das Material zu veröffentlichen. Auch die anderen Teammitglieder waren unter 18 und hatten die benötigte Einwilligung des Vormunds zur Veröffentlichung des Materials nicht erhalten.
An einem weiteren Workshop-Wochenende kamen die beiden Teams, die den Dreh umgesetzt hatten, noch einmal zur Schnitt-Besprechung zusammen. Das gedrehte Material wurde gesichtet und eine erste Auswahl für den Schnitt getroffen, Kommentare aufgezeichnet und Musik ausgewählt. Beide Gruppen hatten dabei viel Spaß und bekamen erste Einblicke in die Funktionsweise der Schnittsoftware.
>> Bedarf an Raum, Zeit und Technik:
Projektzeitraum: 01. JUNI – 31. OKTOBER 2015
Zwei Workshop-Wochenenden innerhalb des Projektzeitraums:
- Theorie & Praxis des Filmemachens (27.-28.06.2015)
- Materialsichtung und Vorbereitung der Montage (11.-12.07.2015)
Dazwischen: Pro Team ein Zusatztreffen zur Vorbereitung der Interviewfragen, sowie ein bis zwei halbe Drehtage. Im Anschluss: mehrere Arbeitstage innerhalb von zwei Monaten für Montage und Postproduktion der Filme.
Technik & Raum: Semiprofessionelles Video- und Tonequipment (Canon XA10), sowie Verwendung eigener Handys der Teilnehmer. An den Workshop-Wochenenden zudem: Laptop, Beamer und Boxen. Für den Schnitt: Schnittlaptop, externe Festplatte, Schnittprogramm, Internetzugang, Audioaufnahme-Programm. Großer Raum für das erste Intensiv-Workshop-Wochenende, Büro für das Schnitt-Wochenende. Dreh im Stadtgebiet.
>> Beteiligte (Zielgruppen, Anleitung):
Elf junge Geflüchtete im Alter von 14 bis ca. 22. Bei den Drehs wirkten des Weiteren acht Münchner*innen mit und ohne Migrationshintergrund im Alter von 18 bis 21 mit.
Anleitung bekamen die Teilnehmer am ersten Workshop-Wochenende in Grundlagen der Cinematographie, Kameraführung, Einsatz von Ton, Erstellen eines Interviewleitfadens, etc. Filmideen wurden zum Thema Inklusion im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe und Wahrnehmung gesammelt. Beide im Workshop entstandenen Filme setzen sich mit dem Thema Ankunft / neu-in-der-Stadt-sein auseinander. Während der Drehs war die Workshopleitung zugegen, um die jungen Filmemachern bei der Umsetzung ihrer Kurzfilme zu unterstützen. Kameraführung, Tonaufnahme und Interviews führten die Teilnehmer eigenständig durch. Den Schnitt übernahm, nach gemeinsamer Materialsichtung und –auswahl, die Workshopleitung.
>> Produkte und Veröffentlichung:
Die Filme wurden online auf dem YouTube Kanal „Docu Workshop“ veröffentlicht. Alle Beteiligten erhielten zudem eine DVD der Filme. Durch die Einbindung ins Internet bekommen Teilnehmer und Protagonisten eine öffentliche Plattform. Dadurch erreichen sie auch Freunde und Familienmitglieder im Ausland, was für sie sehr wichtig ist. Des Weiteren wird „München ist bunt – Fünf Perspektiven“ am 25. Februar 2016 auf dem „Flimmern und Rauschen Jugendfilmfestival“ zu sehen sein und den Filmemachern die Präsentation ihres Werks vor großem Publikum im öffentlichen Raum ermöglicht.
>> Kritische Einschätzung: Was hat gut funktioniert? Was hat nicht gut funktioniert?
Die Teamfindung, die Zusammenarbeit im Team, Absprachen unter den Teammitgliedern und mit der Workshopleitung und die Rollenverteilung im Team (Kamera, Ton, Regie) haben sehr gut geklappt.
Durch die Reflexion der eigenen Mediennutzung & die mediale Aufbereitung eines Themas aus der eigenen Lebenswelt, wird eine über den Workshop hinausgehende Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Inklusion | Teilhabe | Integration angeregt. Die Medienkompetenz der Teilnehmer wurde ausgebaut. Weil das Thema Teil der eigenen Lebenswirklichkeit ist, kann es nach dem Prozess integriert werden und zu weiteren Reflexionsprozessen, auch in anderen Feldern, anregen.
Das individuelle Empfinden der Teilnehmer, aktiv an der Stadtkultur teilzuhaben und als kreative Akteure der Stadtgesellschaft eigene Filme zu drehen, durch die sie gesellschaftlich auf andere Art und Weise wahrgenommen werden, fördert nachhaltig ihre Integration und stärkt ihr Selbstvertrauen. Auch sprachliche Kenntnisse wurden vertieft, und Selbstsicherheit in Bezug auf den sprachlichen Ausdruck verstärkt.
Aufgetretene Schwierigkeiten:
Ein Team begann, einen Film eigenständig mit Handykameras zu drehen. Alle Teammitglieder waren unter 18 und keiner von Ihnen bekam die nötige Erlaubnis des Vormunds zur Veröffentlichung des Materials. So wurde der Dreh halbfertig abgebrochen, da zwei von Ihnen vor der Kamera stehen sollten. Der eine Protagonist des angedachten Films, ein junger Syrer, der ganz neu in München war und seine Geschichte vor der Kamera erzählt hat, und dessen Sequenz schon komplett gefilmt worden war, war deshalb sehr enttäuscht. Dem Team wurde die Möglichkeit gegeben, sich ein neues Thema zu wählen und einen anderen Film zu machen. Diese wurde von ihnen aber nicht wahrgenommen, obwohl schon ein erster Drehtermin ausgemacht wurde. Das bereits mit dem Handy aufgenommene Material liegt vor und ist sehr gut geworden, aber leider darf es nicht verwendet werden. Das ist für die vier Teammitglieder sehr bedauerlich. Durch ihre Teilnahme am Workshop konnten sie jedoch ebenso viele Einblicke in den Prozess des Filmemachens gewinnen, wie die anderen Workshop-Teilnehmer und der Erfahrungs- und Lerneffekt war auch bei diesem Team vorhanden, auch wenn kein sichtbares Resultat entstanden ist.
>> Dank:
Wir bedanken uns hiermit ganz herzlich bei der AG Interaktiv und dem MZM des JFF / Sozialreferat Stadtjugendamt der Landeshauptstadt München für die Förderung des Projekts. Alle Teilnehmer haben sehr viel aus dem Workshop mitgenommen. Ihr Selbstvertrauen, ihr Teamgeist und ihre Sprachkenntnisse wurden nachhaltig gestärkt und sie sind sehr stolz auf ihre Filme. Es ist sehr wichtig für junge Menschen mit Fluchterfahrung, gehört und gesehen zu werden – und das als Individuen, nicht als amorphe Masse („die Flüchtlinge“). Die Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken und eine Geschichte zu erzählen ist „Empowerment“. Die Teilnehmer haben die Workshop-Wochenenden und die Drehtage aktiv kreativ mitgestaltet und die entstandenen Filme geben einen guten Einblick in die Situation und Perspektiven junger Migranten in München. Wir wünschen uns für die Filme – neben dem Zugewinn an Lebenserfahrung und Medienkompetenz für die Filmemacher, dass sie von vielen Menschen gesehen werden und zu mehr Toleranz und Verständnis in der Gesellschaft beitragen.
Projektleitung: Mona Klöckner, Kulturlust e. V.